May 21, 2025
„Ich bin die Ärztin.“ Wie Frauen – besonders in männlich geprägten Hierarchien – ernster genommen werden, ohne sich zu verbiegen

🔍 Einleitung: Wenn Kompetenz übersehen wird

 

Du bringst Expertise mit.

 Du bist vorbereitet.

 Du sprichst sachlich.

Und trotzdem wirst du unterbrochen, nicht ernst genommen oder belächelt – besonders dann, wenn dein Vorgesetzter ein Mann ist.

Was viele Frauen erleben, hat nichts mit Unsicherheit zu tun, sondern mit systematischer Unterschätzung.

👩‍⚕️ Fallbeispiel: Dr. Lina S., 29 Jahre, Internistin

 

  • Patient*innen lieben sie.
  • Kolleg*innen respektieren sie.
  • Ihr Oberarzt? Nennt sie „unsere kleine Powerfrau“ – und übernimmt ihre Ideen, ohne sie zu benennen.

Lina wird gelobt für ihr Auftreten – aber nicht für ihre Fachlichkeit. Wenn sie Argumente bringt, werden sie ignoriert. Bis sie ein Mann wiederholt.

Warum? Weil Jugend, Attraktivität und eine „fröhliche Art“ oft mit fehlender Autorität gleichgesetzt werden – besonders im Gesundheitswesen.

🧠 Das strukturelle Problem

 

Es geht nicht nur um Einzelfälle – sondern um systemische Muster:

  • Frauen werden häufiger unterbrochen
  • Ihre Aussagen werden öfter hinterfragt
  • Vorschläge werden häufiger akzeptiert, wenn Männer sie wiederholen
  • Offene oder freundlich wirkende Frauen gelten schneller als „naiv“ statt als strategisch

Diese Dynamik ist gut dokumentiert – aber zu selten bewusst. Wer freundlich auftritt, zahlt oft einen Preis: weniger Einfluss.

✅ 5 Strategien, um ernst genommen zu werden – ohne dich zu verstellen

 1. Fachlich klar einsteigen


Beginne mit einem inhaltlichen Anker, z. B.:

🩺 „Auf Basis der aktuellen Laborwerte schlage ich Folgendes vor …“ 🧠 „Meine klinische Einschätzung ist …“ 📊 „Das deckt sich mit den Leitlinien der DGIM …“

Effekt: Du positionierst dich als Expertin – bevor jemand dich bewertet.

2. Stopp sagen – aber professionell

 

Wirst du unterbrochen?

✋ „Lassen Sie mich den Gedanken bitte noch kurz zu Ende führen.“ ✋ „Ich bin noch nicht ganz fertig – danach gerne.“

Effekt: Du setzt eine klare Grenze, ohne aggressiv zu wirken.

3. Körpersprache bewusst einsetzen

 

✔ Gerade sitzen

 ✔ Mit ruhiger Stimme sprechen

 ✔ Blickkontakt halten

 ✔ Sätze mit Punkt beenden (nicht mit Unsicherheit hochziehen)

Effekt: Du strahlst Autorität aus – unabhängig vom Inhalt.

4. Sympathisch, aber nicht verfügbar für alles

 

Du darfst nett sein – aber nicht für alles zuständig. Sag:

❗ „Ich kann das übernehmen, aber wir sollten die Prioritäten gemeinsam abstimmen.“ ❗ „Ich nehme das Thema gerne mit – sofern es auch auf meine Verantwortungsebene fällt.“

Effekt: Du zeigst Führungsbewusstsein – nicht Helfersyndrom.

5. Verbündete nutzen & Unterstützung sichtbar machen

 

Wenn ein Kollege deine Idee aufgreift, sag:

🤝 „Danke, dass Sie das nochmals aufgreifen – das war mein Vorschlag zu Beginn.“

Oder unterstütze andere Frauen im Raum:

🤝 „Ich finde, was Frau Dr. S. gesagt hat, verdient mehr Beachtung.“

Effekt: Du schaffst Sichtbarkeit – für dich und für andere.

💬 Fazit: Deine Stimme verdient Raum – nicht nur Applaus

 

Du musst dich nicht ändern, um ernst genommen zu werden.

 Du musst dich nur bewusst positionieren.

Und wenn du freundlich, jung, offen oder sogar „bunt“ bist?

 Dann zeig, dass genau das deine Stärke ist – und keine Schwäche.

🔊 Du bist die Ärztin.Du darfst fordern, gehört zu werden. Du musst dich nicht entschuldigen, wenn du Klartext sprichst.


📚 Quellen

 

  • Hancock, A. B., & Rubin, B. A. (2015). Influence of communication partner's gender on language. Journal of Language and Social Psychology, 34(1), 46–64.
  • Brescoll, V. (2011). Who takes the floor and why: Gender, power, and volubility in organizations. Administrative Science Quarterly, 56(4), 622–641.